Der Klassizismus tauchte in Europa zusammen mit den ersten Vorboten der Industrialisierung auf. Seinen baulichen Ausdruck fand das neue Zeitalter in Derneburg in der Konstruktion der von Laves entworfenen Brücken. Wie auch das Glashaus mit seiner Gusseisenkonstruktion, stehen die Brücken im Kontrast zu seinen an der Vergangenheit orientierten Bauten.

Das neue Konstruktionsprinzip, auch „Lavesbalken“ genannt, bringt die Druck- und Zugkräfte in einem Tragesystem zum Ausgleich: Der Tragbalken wird der Länge nach aufgeschlitzt, die Balkenenden fest miteinander verbunden, und die obere Balkenhälfte (der Druckgurt) und die untere Balkenhälfte (der Zuggurt) auseinandergespreizt. Dieses System erlaubt eine zierliche Bauweise beim Überspannen längerer Strecken. In Derneburg entstanden 1838 drei Brücken nach Plänen von Laves: Eine breite Fahrbrücke aus Eichenholz, eine Laufbrücke mit Wassergerinne, ebenfalls aus Eichenholz und eine schmiedeeiserne Fußgängerbrücke, die alle jeweils über die Nette führten. Nur die Fußgängerbrücke überlebte das 19. Jhd., bis auch sie 1946/47 durch Hochwasser zerstört wurde. Die beiden anderen Holzbrücken hielten wohl nicht länger als 50 Jahre.

1992 hat die Gemeinde Holle mit Hilfe des Landschaftsverbandes Hildesheim e.V. einen Wiederaufbau der Fußgängerbrücke ermöglicht. Die schön geschwungene Brücke hat einen Linsenträger aus Eisen und einen Überweg aus Holzbohlen. Die Fußgängerbrücke konnte aber nicht an ihrem alten Standort aufgebaut werden, wie sie heute in den Privatgarten des Schlosses führen würde. Ein detailgenauer Nachbau der Brücke war aufgrund denkmalschützerischer Einwände deshalb nicht möglich. Das Geländer ist nicht mit Zierringen versehen und läuft auch nicht, wie von Laves vorgesehen, in Sandsteinquadern aus. Dennoch vermittelt die Brücke, die heute einen Seitenarm der Nette überspannt, einen Eindruck, der dem Original von einst sehr nahe kommt.